Problemspieler Archetypen



In meiner Laufbahn als Rollenspieler & Spielleiter bin ich schon einigen problematischen Spielern sowie auch Spielern mit echten Problemen begegnet. Das, woran ich mich noch erinnern kann, will ich hier zusammenfassen.

Der ewige Charakter

Symptome
Der Spieler baut jeden neuen Charakter nach genau demselben Strickmuster. Selbst wenn er laut Charakterbogen mal nicht der gleiche Archetyp sein sollte, erkennt man doch schon nach kurzer Spieldauer den alten Charakter des Spielers deutlich wieder.

Ursachen
Vielleicht hat der Spieler einen ernsthaften Kreativitätsmangel. Vielleicht hat er den Tod des alten Charakters noch nicht verwunden oder die Gruppe, in der er den Charakter gespielt hat ist abgebrochen oder aufgelöst worden.

Lösungsmöglichkeiten
Auf sein Problem angesprochen weist der Spieler auf gravierende Unterschiede in Vorgeschichte und Verhalten des Charakters hin, die kein Mensch bei seinem Charakterspiel bemerkt. Weist man ihn darauf hin, dass sein Charakter wie ein Klon seines Vorgängers erscheint, versuchte der Spieler die Diskussion zu verschleppen, indem er behauptet, dass der Unterschied erst nach längerem und intensiverem Spiel mit dem Charakter merklich hervortreten würde. Erfahrungsgemäß vergeht die Zeit bis zur nächsten Diskussion ohne, dass es merkliche Veränderungen bei der Charakterdarstellung gibt.
Eine tatsächliche Veränderung wird erst eintreten, wenn der Spieler selbst es wirklich will.

Der Powergamer

Symptome
Wenn man wissen will, wie kampfstark, allwissend oder anderweitig unschlagbar ein frisch aufgestellter Charakter im gespielten System werden kann, genügt ein Blick auf den Charakterbogen dieses Spielers. Sollte der Charakter (laut Charakterbogen) auf einem Gebiet mal nicht ganz so fit sein, kann es auch schon mal vorkommen, dass der Spieler „aus versehen“ Outplay-Wissen (z.B.: Spielhintergrund, Guerilla-Taktiken, Mechanik im Fantasy) einfließen lässt, um seine Chancen zu verbessern. Es kann sein, dass der Spieler ein tolles Rollenspiel hinlegt, aber dennoch ist der Charakter einfach zu stark und bringt somit das Gleichgewicht in der Gruppe durcheinander.

Ursachen
Der Spieler ist sehr Wettbewerbsorientiert. Er gilt gerne als der Beste - und dem darf sein Charakter natürlich in nichts nachstehen.

Lösungsmöglichkeiten
Der Spielleiter darf sich auf keinen Fall bei keiner Kleinigkeit vom Spieler bequatschen lassen, ihm auch nur ein Quäntchen mehr zuzulassen, wie es ihm sein gesunder Menschenverstand auf den ersten Blick rät. Auch im späteren Spielverlauf sollte der Spielleiter sehr genau darauf achten, was für Möglichkeiten er in Reichweite der Spielgruppe bringt, denn auch die anderen Spieler können dem Powergamer Tür und Tor zu überstarken Machtpositionen öffnen.

Der Depp

Symptome
Der Spieler steht nur noch auf dem Schlauch, kapiert keinen Wink mit dem Zaunpfahl, ist für subtile gesellschaftliche Interaktion unzugänglich und seine Lieblingsantwort ist „Hä?“.

Ursachen
Entweder hat der Spieler eine Stoffwechselstörung oder er ist einfach... Langsam.

Lösungsmöglichkeiten
Sorry! Der Spieler ist geistig so Beweglich, wie eine Backsteinmauer. Bis Intelligenzverstärker erfunden werden, sehe ich leider schwarz... Tun sie so, als würden sie nicht mehr spielen oder legen sie ihm schonend nahe, die Gruppe von sich aus zu verlassen.

Der Elite-Rollenspieler

Symptome
Der Spieler hat die meisten Regelwerke und Quellbücher im Kopf, sein Rollenspiel ist bis ins kleinste Detail durchdacht und vorausgeplant, er gibt dem Spielleiter ständig Texte zu seinem Charakter zu lesen und selbst dessen Hund hat eine 20-seitige Vorgeschichte.

Ursachen
Der Spieler hat zu viel Zeit, oder spielt einfach schon ewig und hat zu viel Zeit.

Lösungsmöglichkeiten
Im Prinzip ist der Spieler toll! Er ist vielleicht sogar der beste Spieler der Gruppe und man kann sich prima mit ihm über das Spiel unterhalten. Das Problem in diesem Fall hat weniger die Gruppe, sondern vielmehr der Spieler. Er ist chronisch unzufrieden mit den Spielern, die nicht wenigstens halb so viel Aufwand betreiben wie er selbst und sehnt sich nach elitäreren Mitspielern. Vielleicht macht ihm ja wirklich nichts mehr Freude, als sich tiefgründige Gedanken zum Spiel zu machen - aber ständig? Wahrscheinlich hat das Rollenspiel für ihn mehr etwas von Arbeit, als von einem Spiel, bei dem er sich entspannen kann. Für ihn ist die nächstliegende Alternative dazu, sich so einen Stress beim Rollenspiel zu machen, gar nichts zu machen oder sich in ein anderes Hobby mindestens genau so sehr hineinzusteigern. Er hat seine Balance verloren.
Das beste Ergebnis wäre, wenn der Spieler seine Balance irgendwo zwischen Aufwand für’s Spiel betreiben und anderen Freizeitbeschäftigungen nachgehen ohne was für’s Spiel zu tun wieder findet.
Ich kann hierzu leider keine Lösungsvorschläge anbieten, da ich selbst betroffen bin. (So kann’s geh’n...)

Der leere Stuhl

Symptome
Der Spieler kommt entweder nicht oder immer zu spät.

Ursachen
1) Der Spieler kann entweder mit seiner Zeit nicht richtig umgehen oder
2) Die Spieltermine liegen für ihn zu ungünstig aus Gründen wie Schule, Beruf oder (Gott bewahre) anderen Hobbys.

Lösungsmöglichkeiten
1) Die Spielgruppe sagt entweder dem Spieler, dass die Spieltermine eine Stunde (oder um was er sich sonst immer verspätet) früher wären oder
2) Die Spielgruppe verlegt ihre Spieltermine auf eine Zeit, zu der der betreffende Spieler tatsächlich auf jeden Fall pünktlich ankommen kann.

Der Schläfer

Symptome
Der Spieler schläft sich auf den Spielsitzungen aus. Sobald man sich auch nur kurze Zeit nicht mit ihm beschäftigt, döst er weg.

Ursachen
1) Der Spieler hat entweder keine Gelegenheit, sich vor der Spielsitzung mal richtig auszuschlafen oder
2) Er hat einfach eine enorm kurze Aufmerksamkeitsspanne.

Lösungsmöglichkeiten
1) Das Problem ist schnell gelöst: Wenn die Spielgruppe direkt im Anschluss an einen Arbeitstag spielt, sollte sie ihre Spieltermine auf Feiertage und Wochenenden verlegen. Wenn die Spieltermine bereits Samstag oder Sonntag sind, dann sind sie für den Spieler entweder zu früh angesetzt oder er geht zu spät schlafen. (Als kleine Orientierungshilfe: Alles vor 14 Uhr ist eine Tortur.)
2) Hier helfen nur kleine Tricks und Training. Wenn der Spieler sowieso mit Dialogen und Aktionen sehr zurückhaltend ist, sollte er das auf alle Fälle hochschrauben - nur keine Scheu. Kaffee macht ihn höchstens nervöser, hektischer und gerbt seine Eingeweide, aber wegdösen wird er trotzdem noch. Gelegentlich kann auch eine Thermoskanne schön heißer Earl Grey mit ordentlich viel Zucker die Lebensgeister wieder wecken. Mit Gegenständen auf dem Tisch zu spielen ist keine Hilfe - das lenkt höchstens noch die anderen Spieler ab. Geben sie ihm ein paar schöne große Orangen oder eine andere Früchte in die Hand an denen man möglichst lange pulen muss. Damit ist er beschäftigt, aber nicht belastet. Auch wenn er beschäftigt ist, ist er nicht zu beschäftigt, um den Großteil der Handlung mitzubekommen - außerdem tut er noch was für seinen Vitaminhaushalt. Wenn dem Spieler was an der Gruppe liegt, wird er (auf das Thema ernsthaft angesprochen) auch bald selbst anfangen mit Möglichkeiten zu experimentieren, wie er sich vom Einschlafen abhalten und dabei möglichst aktiv dem Spielgeschehen folgen kann.




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